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Alt werden verboten - ein Rückblick auf die Altenpflege 2011

on 18. April 2011 - 18:23

Top-Referenten und -Aussteller: Die Verantwortlichen der Pflegemesse "Altenpflege 2011", die vom 12. bis 14. April in Nürnberg stattgefunden hat, ziehen ein positives Fazit. So liest sich das in der Pressemitteilung: "Volle Messehallen und gut besuchte Stände begeisterten die Aussteller, deren Erwartungen an ihre Messebeteiligung erfreulich oft übertroffen wurden. Nicht nur die Besucherzahl, sondern auch die Qualität des Fachpublikums stimmte, so konnte man von Ausstellerseite hören. Die Besucher, die zu etwa 40 Prozent aus der Leitungsebene der ambulanten und stationären Altenhilfe kamen, freuten sich über das umfangreiche Angebot, das ihnen die Messe bot, sowie die hochkarätigen Fachvorträge im Kongress und in den Foren."

Bei all der Euphorie: Es stellt sich die Frage, was und wie viel von dem, was gezeigt wurde, im wahren Leben erstens realistisch ist, zweitens bezahlbar und drittens mehr als ein dickes Geschäft.

Die Pflege in Deutschland steht auf dem Prüfstand

Die "Altenpflege 2011" ist vorbei, die Innovationspreise sind vergeben (gewonnen hat übrigens ein Demenz-Sessel), die Messestände abgebaut, die Pressemitteilungen verschickt. Was bleibt? Die zentralen Probleme auf dem Pflegemarkt in Deutschland. Und die Frage, ob wir das Altwerden nicht lieber einfach verbieten sollten.

Hohe Kosten, uneinheitliche Qualitätsstandards und Engpässe beim Thema Fachkräfteversorgung - die Pflege in Deutschland ist in der Bredoullie. Alte Menschen, die auf Pflege angewiesen sind, sind teuer. Und sie werden immer mehr. Nach den aktuellen Zahlen der Pflegestatistik 2009 werden bundesweit 2,34 Millionen Pflegebedürftige versorgt: 1,62 Millionen Menschen (69 Prozent) zu Hause, 720.000 (31 Prozent) in 11.600 Pflegeheimen. Bis 2030 soll die Zahl der Pflegebedürftigen auf mehr als 3,3 Millionen wachsen. Geht man davon aus, dass ein Heim-Pflegeplatz (Pflegestufe III) mit rund 3.000 Euro im Monat zu Buche schlägt, kann man sich selbst ausrechnen, welche Strapazen auf das Gesundheitsheitssystem zukommen werden.

Das ist aber nur ein Problem. Auch wer das nötige Kleingeld aufbringen kann, hat noch keine Garantie auf eine optimale Versorgung im Alter. Ende 2009 wurde der sogenannte Pflege-TÜV eingeführt - mit einem umstrittenen Ergebnis. So können schwerwiegende Mängel in der Pflege durch besonders eingerichtete Zimmer oder ähnliche Add-ons wettgemacht werden. Jetzt haben wir Frühjahr 2011, und noch immer ringt die Politik um schärfere Regeln hinsichtlich aussagekräftiger Kriterien. Eine zugegeben hübsch gemachte Fotoausstellung mit dem Titel "DaSein - Ein neuer Blick auf die Pflege" wird die Qualitätsfrage nicht lösen. Wie sagt Dr. Philipp Rösler selbst? "Wir brauchen grundlegende Veränderungen in unserem Pflegewesen, wenn es gestärkt den Herausforderungen entgegentreten soll, die uns in naher Zukunft erwarten." Ja dann mal los!

Problem Nummer drei: Fachkräftemangel. Wer ist in Zukunft noch da, um uns zu pflegen? Dazu sagt Thomas Greiner, der Vorsitzende des Arbeitgeberverbandes Pflege, auf der Altenpflege 2011 klipp und klar: „Die Hütte brennt!“ Recht hat er. Aber solange Altenpflegekräfte weit weniger verdienen, als ein Heim-Pflegeplatz kostet, wird sich daran wohl nichts ändern.

 

Fotos: Julia Wilmer

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